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Das Amphitheater von Künzing

Amphitheater Teilrekonstruktion

Abbildung: Stilisierte Teilrekonstruktion des Amphitheaters von Künzing. Foto: erlebe.bayern - Florian Trykowski.

 

Bei seiner Entdeckung im Jahr 2003 war das Amphitheater von Künzing eine archäologische Sensation. Von Juli bis Dezember 2003 wurde es durch die Kreisarchäologie Deggendorf freigelegt Um das Amphitheater für spätere Generationen zu erhalten, wurde dabei nur ein Viertel der Fläche vollständig ausgegraben. Seit Juli 2021 sind die noch im Boden erhaltenen Überreste des Amphitheaters sowie ein kleiner Teil der südlich angrenzenden römischen Zivilsiedlung aus dem 2. und 3. Jh. n. Chr. Teil des UNESCO-Welterbes „Grenzen des Römischen Reiches – Donaulimes (westlicher Abschnitt)“.

Modell Amphitheater

Abbildung: Modell des hölzernen Amphitheaters im Museum

 

Im Museum Quintana in Künzing zeigt ein Modell eine Rekonstruktion der ovalen Arena mit den Abmessungen 34,6 m (= 117 römische Fuß) mal 29,6 m (=100 Fuß) in Nord-Süd-Richtung. Der Gesamtdurchmesser mit den hölzernen Tribünen, auf denen etwa 600 Personen Platz finden konnten, betrug 46 x 40 m (155 x 135 Fuß).

 

Unter den heute bekannten Amphitheatern nimmt das Amphitheater von Künzing eine Sonderstellung ein. Es ist neben dem Amphitheater von Dambach (Lkr. Ansbach) eines von nur zwei archäologisch gesicherten Holz-(Erde)-Amphitheatern in Deutschland. Anders als die anderen erhaltenen Arenen handelte es sich bei den Amphitheatern aus Künzing und Dambach nicht um große Steinbauten, sondern um kleine Holz- bzw. Erdkonstruktionen,
die nicht wie die meisten Amphitheater bei Städten oder Legionslagern, sondern in der Nähe von Hilfstruppenlagern an der Grenze errichtet worden waren.

Trotz der Bedeutung des Künzinger Amphitheaters für die archäologische Forschung liegen die Gründe für den Bau des Amphitheaters an einem eher kleineren Ort am Donaulimes bis heute im Dunkeln.

Hölzerne Amphitheater – Antike Eventbauten

Die frühesten Amphitheater waren Holzgebäude, die offenbar nur aus Anlass eines einzigen Gladiatorenkampfes (munus) auf öffentlichen Plätzen errichtet und danach wieder abgebaut wurden. Dass der Bau solch temporärer Theater auch in der Kaiserzeit weiterbetrieben wurde, davon berichtet der Schriftsteller Tacitus (um 58 – 120 n. Chr.), der einen schrecklichen Unfall beim Einsturz eines hölzernen Amphitheaters in Fidenae im Jahr 27 n. Chr. mit mehr als 50.000 Zuschauern beschreibt.

Das Amphitheater von Künzing wurde wohl von den hier stationierten Soldaten, vielleicht unter Anleitung des architectus (Baumeister) einer benachbarten Legion, errichtet. Dass solche hölzernen Amphitheater für einzelne Veranstaltungen in kürzester Zeit aufgestellt werden konnten, berichtet bereits Vitruv (84 – 44. v. Chr.). Wann das Amphitheater von
Künzing gebaut wurde, ist unklar. Die Auswertung der dort ausgegrabenen Funde ergab aber, dass die Arena spätestens gegen Ende des 2. Jh. – möglicherweise auch schon ab Mitte des 2. Jh. – als Müllkippe genutzt wurde. Da Künzing frühestens um 90 n. Chr. zum Kastellstandort wurde, kann man davon ausgehen, dass das Amphitheater wohl im Zeitraum zwischen 100 und den 150er Jahren n. Chr. errichtet wurde.

Ungeachtet dessen, für welchen Zweck man die Arena von Künzing ursprünglich errichtete, hatte das Amphitheater keine lange Lebensdauer. Im Befund der Pfostengruben lässt sich keine Reparaturphase feststellen. Vielmehr deuten die Indizien daraufhin, dass einige der Pfosten aus dem Boden gezogen wurden. Geht man davon aus, dass sie an anderer Stelle als Bau- oder Feuerholz verwendet wurden, kann der Bau kaum länger als 20 bis 30 Jahre Bestand gehabt haben. Vielleicht baute man das Amphitheater sogar nur für eine einzige Veranstaltung auf und nutzte es danach sporadisch über einen mehr oder weniger kurzen Zeitraum für weitere einzelne „Events“.

 

Brot und Spiele am Limes – Amphitheater an der Grenze des Römischen Reiches

Der Ausrichtung von Spielen (ludi) kam in der römischen Gesellschaft eine große Bedeutung
zu. Als Teil des religiösen Festkalenders fanden das ganze Jahr über an mehrtägigen Festtagen kostenlose Theatervorführungen, Wagenrennen und Kämpfe statt. Kein Wunder also, dass man auch vom Rand des römischen Reichs eine ganze Reihe von Amphitheatern kennt, in denen Gladiatorenspiele (munera) zu Ehren der Götter abgehalten werden konnten. Fast alle dieser Theater befanden sich in den römischen Städten oder in der Nähe von Legionslagern, wobei letztere oft größer waren als die Anlagen in den Städten. Die Errichtung dieser Bauten war für die technisch versierte römische Armee kein Problem. Die Soldaten konnten auch die Ausbildung der Gladiatoren übernehmen.

Anders stellt sich die Situation bei kleineren Lagern wie Künzing dar, an denen keine Legionäre, sondern Hilfstruppen (Auxiliare) stationiert waren. Von den dort meist in Holz- oder Holz-Erde-Bauweise errichteten Amphitheatern, sind nur äußerst selten Reste erhalten geblieben. Viele Archäologinnen und Archäologen gehen aber davon aus, dass der Bau von Amphitheatern genau wie der Bau von Straßen, Siedlungen und Thermen typisch für die römische Armee war. Das würde bedeuten, dass es nicht nur bei den Legionslagern, sondern auch bei den meisten Auxiliarkastellen mehr oder weniger permanente Einrichtungen für Gladiatorenkämpfe gab, die von den örtlichen Kommandanten (Präfekten) für die Soldaten und die lokale Bevölkerung abgehalten wurden.

 

Gegen diese These spricht allerdings, dass es im römischen Reich Regionen gibt, in denen weder steinerne noch ephemere Arenen, also reine Holz- oder Holz-Erde-Bauten, gefunden wurden. Tatsächlich konnten an allen linearen Grenzen des Imperium Romanum in der mittleren Kaiserzeit bislang nur lediglich sechs Amphitheater bei Hilfstruppenkastellen über archäologische (Be-)Funde oder Inschriften nachgewiesen werden. Diese geringe Zahl überrascht angesichts der großen Anzahl bekannter Auxiliarkastelle. Der Unterschied kann allerdings auch daher rühren, dass viele Amphitheater überbaut worden sind oder bisher noch nicht entdeckt wurden.

 

Abbildung: Karte von nachgewiesenen Amphitheatern bei Auxiliarkastellen an der Reichsgrenze (mittlere Kaiserzeit)

Karte Amphitheater

Kontakt

Museum Quintana
Osterhofener Straße 2
94550 Künzing

 

Tel.    08549 9731 12
Mail    

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