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Die Römer in Künzing

Virtuelle Idealrekonstruktion des römischen Künzing. Digitale Archäologie - Matthias Link.

Ausgrabungen in Künzing

Bereits 1874 war in Künzing ein römisches Hilfstruppenkastell in einer ersten Ausgrabung entdeckt und in seiner Ausdehnung dokumentiert worden. In den 1960er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war  dann, einer drohenden Überbauung des Ortszentrums vorgreifend, das Kastell mit seiner Innenbebauung durch H. Schönberger exemplarisch untersucht worden. Es galt daraufhin lange Zeit als das am besten erforschte Hilfstruppenkastell. In den seit 1980 andauernden Grabungskampagnen der Kreisarchäologie Deggendorf schließlich kamen neben überwältigenden Fundmengen, überwiegend im Bereich des römischen Ostvicus, eine große Zahl vorgeschichtlicher Funde und Befunde zu tage.

 

Abbildung (links): Virtuelle Idealrekonstruktion des römischen Künzing. Digitale Archäologie - Matthias Link.

Römische Kaiserzeit

Zwischen 90 und 120 nach Christus wurde das römische Hilfstruppenkastell Quintana in Künzing gegründet. Seine durch eine starke Außenmauer geschützte Innenfläche von ca. zwei Hektar bot einer Besatzung von 500 Mann inclusive einer Abteilung von 120 Reitern Platz. Ein Modell eines Teils des Kastells gibt Einblick in Verwaltungsgebäude, Hospital, Soldatenunterkünfte und Pferdeställe.

 

Abbildung (rechts): Osttor des römischen Kastells Quintana im Modell.

Modell Kastell Quintana
Modell Amphitheater Künzing

Das Amphitheater von Künzing

2003 gelang der Kreisarchäologie Deggendorf eine sensationelle Entdeckung: Ein ehemals in Holz errichtetes, oberirdisch nicht mehr erkennbares Amphitheater, mit dem an dem kleinen Künzinger Truppenstandort niemals gerechnet wurde. Ein Modell zeigt eine Rekonstruktion der ovalen Arena mit den Abmessungen 34,6 m (= 117 römische Fuß) mal 29,6 m (=100 Fuß) in Nord-Süd-Richtung. Der Gesamtdurchmesser mit den hölzernen Tribünen, auf denen etwa 600 Personen Platz finden konnten, betrug 46 x 40 m (155 x 135 Fuß).

Die untertägig erhaltenen Überreste des Amphitheaters sowie ein südlich angrenzender, kleiner Teil der römischen Zivilsiedlung sind seit Juli 2021 Teil des UNESCO-Welterbe “Grenzen des Römischen Reiches – Donaulimes (westl. Segment)”.

 

Abbildung (links): Modell des hölzernen Amphitheaters von Künzing.

Spätantike

Nur wenige, dafür aber umso bedeutendere Funde zeugen von der Geschichte Künzings nach der Zerstörung des mittelkaiserzeitlichen Kastells in der Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christus. Sie belegen die ununterbrochene Weiterbesiedelung des Ortsgebietes auch in den Wirren der Völkerwanderungszeit.

 

Von einem spätantiken Kastell und der in der Lebensbeschreibung des heiligen Severin erwähnten kleinen Kirche Künzings wurden bis heute archäologisch keine Reste nachgewiesen. Aus dieser Severinsvita – einem Originaldokument des 5. Jahrhunderts – wissen wir, dass die christianisierte, romanische Bevölkerung sich in der Spätantike in ständiger Unruhe gegen die aus dem Osten einwandernden germanischen Stämme zur Wehr setzen musste. Schließlich führte Severin die Bevölkerung aus den romanischen Kastellen in gesicherte Siedlungen weiter nach Osten und im Ende des 5. Jahrhunderts endgültig nach Italien zurück.


Abbildung: (oben rechts): Reliquienschrein des Heiligen Severin im Museum.

Reliquienschrein Severin

Fachliteratur

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  • C. S. Sommer, Die Römer in Künzing – Wege zu einer virtuellen Rekonstruktion des Kastellvicus, in: Bericht der Bayer. Bodendenkmalpflege 49, 2008, S. 107ff.

  • C.S. Sommer, Künzing und die Tabula Peutingeriana : Aspekte zum Donaulimes in Bayern und zum UNESCO-Welterbe „Grenzen des Römischen Reiches“, in: Studia honoraria archaeologica : zbornik radova u prigodi 65. rođendana prof. dr. sc. Mirjane Sanader (Zagreb 2020), S. 393-402.

  • G. Waldherr, Ein hölzernes Amphitheater in Künzing. Anmerkungen eines Althistorikers, in: Vorträge des 24. Niederbayerischen Archäologentages (Deggendorf 2006), S. 119-134.

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  • H. Wolff, Reiche Ernte. Vier neue Militärdiplome aus Künzing, Lkr. Deggendorf, Ndb., in: Ausgrabungen und Funde in Altbayern 1995-1997 (Straubing 1998), S. 134-142.


 

Text: Dr. Eva Bayer-Niemeier
Titelbild: Ausgrabung des Amphitheaters von Künzing im Jahr 2001. Foto: Klaus Leidorf.

Kontakt

Museum Quintana
Osterhofener Straße 2
94550 Künzing

 

Tel.    08549 9731 12
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